Gewerkschaften erreichen Arbeitszeitausgleich: Hohe Zuschläge und Durchbruch bei der Gleitzeit

Mindestens 1.120 Euro mehr Lohn und Gehalt pro Jahr sowie bis zu 16 Prozent mehr für Lehrlinge

Die Betriebsversammlungen und Warnstreiks der vergangenen Tage zeigten Wirkung: In der siebenten Runde konnten die Gewerkschaften PRO-GE und GPA-djp mit dem Fachverband Metalltechnische Industrie (FMTI) nach neun Verhandlungsstunden am 18. November den ersten Abschluss für die Metallindustrie erzielen.

Der Abschluss im Detail:

Beseitigung der Schieflage durch Novelle des Arbeitszeitgesetzes

Die Gewerkschaften konnten mit dieser Kollektivvertragseinigung sicherstellen, dass die durch die Arbeitszeitgesetzesnovelle entstandene Schieflage zu Gunsten der ArbeitnehmerInnen korrigiert wird. Dieses Ziel wurde im September von ÖGB und Gewerkschaften für alle Branchen aufgestellt und konnte nun erstmals umgesetzt werden. Weitere Bereiche werden noch in der heurigen Herbstlohnrunde folgen.

„Dank dem großen Engagement der BetriebsrätInnen und der Solidarität der ArbeitnehmerInnen in den Betrieben ist mit diesem ersten Abschluss für die Metallbranche ein wichtiger Schritt gelungen. Hohe Zuschläge in Geld oder Zeit, bezahlte Pausen und gesicherte Ansprüche bei der Gleitzeit sind konkrete Verbesserungen. Die ArbeitnehmerInnen profitieren einerseits mehr von Überstundenleistungen, andererseits wird durch die Verteuerung dieser Stunden auch eine gesundheitsschädliche Dauersituation vermieden“, erklären die beiden Chefverhandler Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA-djp) und betonen, dass die Einigung bei den Arbeitszeitpunkten zeige, wie wichtig gewerkschaftliche Kollektivvertragspolitik für die ArbeitnehmerInnen sei: „Wir konnten heute viele negative Auswirkungen des Arbeitszeitgesetzes der Regierung korrigieren und gleichzeitig mehr Selbstbestimmtheit für die Beschäftigten erreichen.“

Deutliche reale Lohnerhöhung

Durch den vereinbarten Mindestbetrag von 80 Euro steigen die Mindest- bzw. Ist-Löhne zwischen 4,3 und 3,4 Prozent. „Die erreichten Lohnerhöhungen sind angesichts der Inflationsrate von zwei Prozent kräftig und bedeuten mindestens 1.120 Euro mehr Lohn pro Jahr. Das ist gerade für niedrige Einkommen ein ordentlicher Schub“, betont PRO-GE Verhandlungsleiter Rainer Wimmer.

Erhöhung der kollektivvertraglichen Mindestlöhne um 3,4 – 3,6 Prozent
Die Mindestlöhne werden in den BG A + B um 3,6 Prozent, den BG C-F um 3,5 Prozent und in der BG G um 3,4 Prozent erhöht. Der neue Mindestlohn beträgt 1.914,61 Euro.

Erhöhung der Ist-Löhne zwischen 3,4 – 4,3 Prozent, Mindestbetrag: € 80,00
Die Ist-Löhne aller am 31.10.2018 im Betrieb beschäftigten ArbeitnehmerInnen sind im gleichen prozentuellen Ausmaß zu erhöhen, wie dies für die Mindestlöhne vorgesehen ist, mindestens aber um € 80,00. Den Mindestbetrag von € 80,00 müssen selbstverständlich auch jene KollegInnen erhalten, die den KV-Lohn verdienen. Für die am wenigsten verdienenden KollegInnen ergibt sich aus der Anwendung des Mindestbetrages eine Ist-Lohnerhöhung von bis zu 4,3 %.

Erhöhung der Lehrlingsentschädigung um bis zu 16 Prozent

Die Lehrlingsentschädigungen für die rund 6.600 Lehrlinge der Metalltechnischen Industrie werden kräftig angehoben: Im ersten Lehrjahr um 100 Euro auf 719 Euro, im zweiten auf 920 Euro (bisher 830 Euro) im dritten auf 1.204 (bisher 1.124) und im vierten Lehrjahr auf 1.590 Euro (bisher 1.520).

Verbesserung der Nachtschichtzulage

Die Aufwandsentschädigungen steigen um 2,1 Prozent. Die Zulagen steigen um 3,5 Prozent. Die Ausnahme ist die Nachtschicht- bzw. Nachtarbeitszulage. Diese wird verbessert und in vier Jahresetappen um rund sieben Prozent pro Jahr auf 2,52 Euro erhöht.

Überstundenzuschlag in Zeit oder Geld: 100 Prozent für die 11. und 12. Stunde

Hinzu kommen nun deutliche Verbesserungen im Rahmenrecht wie etwa höhere Zuschläge von 100 Prozent für die elfte und zwölfte Arbeitsstunde bzw. ab der 51. Wochenstunde. Dies soll ab 1. Juli 2019 gelten. Die Zuschläge können, verbunden mit starken Antrittsrechten für die Beschäftigten, auch in mehr Freizeit gewandelt werden.

Bezahlte Pause von zehn Minuten bei Arbeitszeiten über zehn Stunden

Weiters wird bei langen Tagesarbeitszeiten von mehr als zehn Stunden eine bezahlte Pause von mindestens zehn Minuten im Kollektivvertrag vereinbart.

Arbeit an vier Sonn- und Feiertagen im Jahr: Zuschlag von 150 Prozent in Zeit oder Geld

Der bisher befristete 150-Prozent-Zuschlag für die viermal im Jahr mögliche Sonn- und Feiertagsarbeit wird dauerhaft im Kollektivvertrag verankert. Auch die dafür geltende Wahlfreiheit der ArbeitnehmerInnen, sich zwischen Zeit und Geld zu entscheiden, bleibt.

Bessere Vergütung der Lenkzeiten

Im KV wird ausdrücklich festgehalten, dass Lenkzeiten klar als Arbeitszeit behandelt werden und demnach auch so zu bezahlen sind.

Durchbruch bei der Gleitzeit: Anspruch auf sechs Gleittage pro Jahr

Ein Durchbruch gelang den Gewerkschaften im Bereich der Gleitzeit. Erstmals wird Gleitzeit im Kollektivvertrag geregelt. ArbeitnehmerInnen mit Gleitzeitvereinbarungen haben künftig kollektivvertraglich Anspruch auf sechs gänzlich freie Gleittage pro Jahr. Der Verbrauch wird konkret durch Betriebsvereinbarung oder Dienstvertrag geregelt. 

11. und 12. Arbeitsstunde: Bessere Absicherung des Ablehnungsrechtes

Um auch das Recht der ArbeitnehmerInnen auf Ablehnung von Überstunden zu stärken, beschlossen die KV-Partner ein Monitoring einzuführen. Sollte es zu Verstößen gegen das sogenannte Freiwilligkeitsprinzip kommen, werden die Sozialpartner sich gemeinsam dieser Fälle annehmen. Sollten sich diese häufen, werden konkrete Regelungen im Kollektivvertrag festgeschrieben.

100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich

ÖGB NÖ: Ausstellung und Diskussion zur gewerkschaftlichen Frauengeschichte

 

Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau?

Tatsächlich sind viele bedeutende Frauen in der Geschichte hinter ihren männlichen Kollegen und Ehemännern „verschwunden“.

Am 15.November veranstaltete die ÖGB Region Mostviertel Eisenstraße in der Arbeiterkammer Amstetten einen Abend, anlässlich 100 Jahre Frauenwahlrecht, der jene Frauen sichtbar machte, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz und mit vielen Opfern jene Rechte für Frauen erkämpft haben, die wir heute als selbstverständlich erachten.
Seit wann sind Frauen in Österreich wahlberechtigt?
Wer waren die ersten Frauen im Parlament?
Wie lange wird bereits um gleichen Lohn für gleiche Leistung gekämpft?
Diesen und ähnlichen Fragen wurde im Rahmen einer Wanderausstellung und einer Diskussionsveranstaltung auf den Grund gegangen.
Zuvor gab es ein Referat der Historikerin Marliese Mendel, die einen kurzen Abriss über die größten Meilensteine der letzten 100 Jahre gab.

Einig waren sich alle TeilnehmerInnen – im Jahr 2018 ist vieles noch nicht erreicht.

Mit dabei waren unter anderem: Bezirksstellenleiter der Arbeiterkammer Amstetten Robert Schuster, Historikerin Marliese Mendel, ÖGB Frauensekretärin Elisabeth Preus, Frauenvorsitzende Stv. des ÖGB Mostviertel Petra Hartmann, Leiterin des AK-Frauenreferats Maria Krumholz, Kulturstadträtin der Stadt Amstetten Elisabeth Asanger sowie der Regionalsekretär des ÖGB Mostviertel Helmut Novak.

Weitere detailliertere Beschreibungen der historischen Ereignisse sowie Biographien und zahlreiche historische Fotos sind im Internet unter: www.gewerkschaftsgeschichte.at zu finden.

 

Einsparung bei der Sozialversicherung

 

Beim Regionalvorstand des ÖGB Mostviertel Eisenstraße am 23.Oktober in der Arbeiterkammer Amstetten ging es heiß her. Bei der fraktionsübergreifenden Sitzung, unter dem Vorsitz von Gernot Lehenbauer, war man sich über die Verschlechterung für die Versicherten in der Region einig. Lehenbauer sieht mit dem neuen Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG) und dem Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung (ZPFSG), welche am 24.Oktober im Ministerrat beschlossen wurden, eine Welle von Problemen auf die Region zukommen. „In einem offenen Brief, von Seiten der Gewerkschaft, an unsere Frau Landeshauptfrau Mikl-Leitner, wurde vor einer Verschlechterung für die Versicherten gewarnt“, leider vergebens, so Lehenbauer. Konkret geht es um die finanzielle Abhängigkeit der enteigneten Landesstellen, welche zukünftig von der Zentrale in Wien ausgeht. „Durch diese Zentralisierung verlieren die Länder die Einnahmehoheit und können so nicht mehr auf regionale Anforderung im Gesundheitswesen einwirken“. Die regionale Ausgestaltung des Angebotsnetzes für die Versicherten durch Verträge mit Ärzten, Physiotherapieinstituten, Ergotherapeuten, Logopäden, Labors, MRT/CT-Instituten, Apotheken, Hauskrankenpfleganbietern, etc. soll zukünftig von der Zentrale in Wien abhängig sein und nicht mehr autonom durch die Landesstelle erfolgen. „Wir sind in Niederösterreich in vielen Bereichen des Ambulanten Gesundheitswesen sehr gut ausgestattet. Mit einer Nivellierung dieses Angebots auf Bundeskennzahlen drohen enorme Verschlechterungen. Würde man die Hausärztliche Versorgung im Waldviertel auf den Österreichschnitt senken, müssten 20 Hausarztstellen stillgelegt werden. Wenn auf regionale Besonderheiten nicht mehr Rücksicht genommen werden kann, sind die Folgen fatal!“ wettert Lehenbauer.

Lehenbauer sieht auch durch die angekündigte Personalkürzung große Probleme. „Wenn ich beim Personal spare, wird natürlich die Serviceleistung vor Ort und somit die Kundennähe in der Region weniger, no na net. Die Folge daraus ist eine weitere Schwächung des ländlichen Raumes.“ Auch Verluste für die regionale Wirtschaft werden in den kommenden Jahren befürchtet. „Die Zuständigkeit für alle Verträge wandert zur Zentrale der ÖGK. Eine zentrale Auftragsvergabe bringt – wegen der damit notwendigen europaweiten Ausschreibung – Verluste für die regionale Wirtschaft. Damit sind auch Arbeitsplätze bedroht!“ Die Spitze des Eisbergs sieht Lehenbauer jedoch in der Verlagerung der Prüfungsagenden zur Finanzverwaltung, denn die führt, so Lehenbauer, zu einem massiven Beitragsentfall in der Sozialversicherung und letztlich zu geringeren Leistungsansprüchen der Versicherten. Gemeint sind: Kranken-, Arbeitslosengeld, Pensionen, Renten und so weiter.